Was sind Wettbewerbliche Messstellenbetreiber? Wozu brauche ich sie?
Von den Aufgaben eines Messstellenbetreibers haben die meisten Menschen vermutlich noch nie gehört – es sei denn, sie haben bereits ein Smart Meter in ihrem Zuhause. Der Messstellenbetreiber ist für Einbau, Wartung und Betrieb von Strom- und Gaszählern zuständig. In der Regel ist der örtliche Netzbetreiber gleichzeitig auch der grundzuständige Messstellenbetreiber. Allerdings ist es für Privathaushalte und Unternehmen seit einiger Zeit möglich, einen wettbewerblichen Dienstleister mit dem Messstellenbetrieb zu beauftragen.
Welche Vorteile dieser Wechsel bieten kann, was dabei zu beachten ist und für wen ein wettbewerblicher Messstellenbetreiber überhaupt interessant ist, beleuchtet dieser Beitrag.
Das erwartet Sie hier:
Grundzuständiger vs. wettbewerblicher Messstellenbetreiber
Vorteile eines wettbewerblichen Messstellenbetreibers
Gesetzliche Anforderungen an einen wettbewerblichen MSB
Wettbewerbliche Messstellenbetreiber: aktuelle Marktsituation
Fazit: Grundzuständiger oder wettbewerblicher Messstellenbetreiber?
Grundzuständiger vs. wettbewerblicher Messstellenbetreiber
Ein Großteil der Stromzähler liegt in Deutschland nach wie vor im Verantwortungsbereich der sogenannten grundzuständigen Messstellenbetreiber. Meist sind das die örtlichen Netzbetreiber. Diese sind automatisch für alle Messstellen in ihrem Bereich zuständig, sofern sich die Kund*innen nicht für einen anderen Anbieter entscheiden. Sie messen sowohl die Strommenge, die aus dem Netz bezogen wird, als auch den Strom, der ins Netz eingespeist wird, etwa aus Photovoltaikanlagen.
Seit 2016 hält das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende die Möglichkeit bereit, den Messdienstleister frei zu wählen. Definiert ist der wettbewerbliche Messstellenbetreiber im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) als „ein Dritter, der die Aufgabe des Messstellenbetriebs durch Vertrag nach § 9 (MsbG) wahrnimmt.“ Er kann als Dienstleister unterschiedliche Aufgaben rund um den Messstellenbetrieb übernehmen und beispielsweise für ein bundesweit agierendes Unternehmen sämtliche Zähler abrechnen, die sonst im Einzugsbereich unterschiedlicher grundzuständiger Messstellenbetreiber lägen.
Unterschiede zwischen grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreibern:
Grundzuständiger MSB |
Wettbewerblicher MSB |
|
---|---|---|
Zählerart |
analog und digital | ausschließlich digital |
Preisobergrenze |
jährliche Maximalentgelte | nicht an Preisobergrenzen gebunden |
Verantwortlichkeit |
Installation, Wartung und Ablesung | Installation, Wartung und Ablesung |
Zuständigkeit |
regional begrenzt | teils bundesweit tätig |
Flexibilität |
begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten | kann kunden- und fallspezifische Preis- und Leistungskonzepte anbieten |
Wie wechselt man den Messstellenbetreiber?
Um den Messstellenbetreiber zu wechseln, ist lediglich eine fristgerechte Kündigung mit Angabe des gewählten wettbewerblichen Dienstleisters erforderlich. In der Regel wird der Kunde den künftigen Messstellenbetreiber mit der Übernahme der Messung beauftragen – anschließend veranlasst dieser den Zählerwechsel - dieser Vorgang nennt sich „Wechsel im Messstellenbetrieb“ (WiM). Sämtliche Formalitäten regeln die Messstellenbetreiber dann untereinander, ähnlich wie beim Wechsel des Stromanbieters, ohne dass für die Kund*innen Gebühren anfallen. Lediglich der Einbau eines neuen digitalen Zählers kann in Rechnung gestellt werden.
Vorteile eines wettbewerblichen Messstellenbetreibers
Noch sind die meisten Stromtarife in Deutschland statisch – dies gilt sowohl für den Verbrauch als auch für die Einspeisung von PV-Strom. Der Energiemarkt wird sich jedoch künftig dynamisch entwickeln. Im Rahmen variabler Stromtarife bieten die Stromversorger beispielsweise günstige Preise an, wenn gerade viel regenerativer Strom im Netz ist. Wettbewerbliche Messstellenbetreiber können ihren Kund*innen auch heute schon flexible Tarife offerieren. Besonders lohnt sich das für Haushalte und Unternehmen mit einem hohen Verbrauch von mehr als 20.000 Kilowattstunden (kWh) im Jahr und für PV-Anlagenbesitzer*innen mit Stromspeicher, die ihren Netzstrombezug flexibel gestalten können.
Weitere Vorteile:
-
individuelle Messkonzepte, beispielsweise eine – auch viertelstundengenaue – Abrechnung verschiedener Messstellen innerhalb eines Betriebs
-
Datentransparenz mit Visualisierung der Verbräuche und der Abrechnung
-
Spezialisierung auf verschiedene Sachgebiete wie Energieeinsparung, Mieterstromkonzepte etc.
-
Komplettlösungen für Unternehmen mit bundesweiten Filialen oder Liegenschaften
-
Einsatz von speziell auf die Bedürfnisse der Kund*innen ausgerichteter Hardware statt Standardzählern möglich
Gibt es Vorteile speziell für PV-Anlagenbetreiber*innen?
Auch für Eigentümer*innen von Photovoltaikanlagen kann der Wechsel zu einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber vorteilhaft sein. Insbesondere gilt dies für die sogenannten Mieterstrommodelle, bei denen Mieter*innen den auf dem Dach ihres Hauses produzierten Solarstrom beziehen können. Da normalerweise noch eine zusätzliche Versorgung mit Strom aus dem Netz notwendig ist, kann dies zu komplexen Mess- und Abrechnungsmodellen führen. Einige wettbewerbliche Messstellenbetreiber haben sich auf solche Themen spezialisiert und können ihren Kund*innen bewährte Messkonzepte bereitstellen.
Doch auch für Eigenheimbesitzer*innen kann es unter Umständen sinnvoll sein, zu einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber zu wechseln: Zum Beispiel, wenn sie ihr Stromzählersystem schon heute für künftige innovative Stromprodukte bereit machen wollen. Oder wenn sie mit einer PV-Anlage Strom erzeugen und diesen nicht gegen die EEG-Vergütung einspeisen, sondern über einen Vermarktungspartner direkt an der Strombörse verkaufen wollen. Der wettbewerbliche Messstellenbetreiber übernimmt in diesem Fall Einbau und Wartung des intelligenten Messsystems, das für die Direktvermarktung erforderlich ist.
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Gesetzliche Anforderungen an einen wettbewerblichen MSB
Das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) legt fest, welche Anforderungen ein wettbewerblicher Messstellenbetreiber zu erfüllen hat. Es reguliert die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Messwerten und weiteren Daten zur Abwicklung des Messstellenbetriebs. So muss der Messstellenbetreiber seinen Kund*innen die Messdaten transparent bereitstellen, etwa in Form von tages-, wochen-, monats- und jahresbezogenen Energieverbrauchswerten. Für den Einsatz moderner Messeinrichtungen und intelligenter Messsysteme (Smart Meter) sind technische Mindestanforderungen festgelegt. Zudem muss wettbewerblichen MSB eine BSI-Zertifizierung für die Rolle als Smart Meter Gateway Administrator (SMGA) vorliegen.
Unabhängig von den Vorgaben des MsbG können sich weitere Anforderungen aus anderen Gesetzen ergeben, beispielsweise aus dem Energierecht (EnWG, EEG), dem Mess- und Eichrecht sowie den technischen Vorgaben des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).
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Wettbewerbliche Messstellenbetreiber: aktuelle Marktsituation
Grundsätzlich gilt, dass Messstellenbetreiber als Marktakteure zur Registrierung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur verpflichtet sind. Deren Monitoringbericht von 2022 listet 634 Messstellenbetreiber für den konventionellen Messstellenbetrieb und 773 Messstellenbetreiber für den Messstellenbetrieb von modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen auf, unterscheidet dabei aber nicht zwischen grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreibern.
Das liegt daran, dass Unternehmen, denen die die Bundesnetzagentur die Aufnahme der Grundzuständigkeit genehmigt hat, grundsätzlich auch als wettbewerbliche Messstellenbetreiber agieren können, beispielsweise außerhalb ihres spezifischen geographisch zusammenhängenden Gebietes. Unter den gelisteten Firmen sind Stadtwerke und überregionale Energieversorger, Energiegenossenschaften, aber auch spezialisierte Dienstleister.
Prognosen zu den künftigen Entwicklungen bei der Anzahl wettbewerblicher Messstellenbetreiber sind schwierig. Voraussichtlich wird ihre Zahl mit der zunehmenden Einspeisung immer größerer Mengen an erneuerbaren Energien aber weiter steigen. Gerade im Bereich der Photovoltaik werden viele Stromverbraucher*innen zu Stromerzeuger*innen und können über spezialisierte Dienstleister selbst am Strommarkt teilnehmen.
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Fazit: Grundzuständiger oder wettbewerblicher Messstellenbetreiber?
Für die meisten Haushalte ist der Wechsel zu einem wettbewerblichen Messstellenbetreiber aktuell noch nicht wirklich relevant. Interessant können die Dienstleistungen, die ein wettbewerblicher Akteur anbieten kann, jedoch für folgende Kund*innen sein:
- Haushalte und Unternehmen mit einem hohen Stromverbrauch von über 20.000 kWh jährlich
- bundesweit agierende Unternehmen mit einer Vielzahl von Messstellen
- Kund*innen, die ein Smart Meter installieren möchten, bevor ihr grundzuständiger Messstellenbetreiber dies anbietet
- Solaranlagenbetreiber*innen, die in die Direktvermarktung einsteigen möchten
- Verbraucher*innen, die ihren Haushalt für dynamische Stromtarife und andere innovative Energielösungen bereitmachen möchten
Für Mieter*innen ist der Wechsel des Messstellenbetreibers im Übrigen nur mit Zustimmung der Hauseigentümer*innen möglich. Entscheiden Vermieter*innen sich hingegen für einen wettbewerblichen Messstellenbetreiber – beispielsweise, weil sie ein Mieterstromprojekt umsetzen oder die Verwaltung ihrer bundesweit verteilten Liegenschaften vereinfachen wollen – müssen die Mieter*innen dies dulden.
Wettbewerblicher Messstellenbetrieb ist für Privathaushalte derzeit noch ein Nischenthema. Doch mit dem Fortschreiten der Energiewende wird seine Bedeutung steigen, wenn immer mehr Haushalte und Unternehmen ihren Stromverbrauch an neue, variable Versorgungsmodelle anpassen.
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