E-Auto: Sauberer als gedacht
Das Ziel der Europäischen Kommission, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, muss auch im Verkehrssektor zu großen Veränderungen führen. Im Wesentlichen lassen sich die Ziele durch die Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen von PKWs erreichen. Aber welche Antriebe und Kraftstoffe sind besonders hilfreich? Wie schneiden E-Autos ab? Relativieren sich die Emissionen der Produktion während der Nutzung im Straßenverkehr? Mit diesen und weiteren Fragen haben sich jetzt Forscher der Münchener Universität der Bundeswehr befasst – und kamen dabei zu einem eindeutigen Ergebnis.
Für die vergleichende Analyse haben die Wissenschaftler beinahe 800 (!) verschiedene PKW-Modelle – vom Verbrenner über Elektro- und Brennstoffzellen-Autos bis zum Gasantrieb – unter die Lupe genommen und dabei den gesamten Lebenszyklus mit Produktion, Betrieb und Recycling/Verschrottung betrachtet. In diesem Umfang ist die Studie der Münchener Forscher, die die Fahrzeuge durch die umfassende Betrachtung ganzheitlich vergleichbar macht, bislang einzigartig.
Diese ganzheitliche Betrachtung ist notwendig, um Aussagen zur Klimaverträglichkeit unterschiedlicher Autos treffen zu können. Denn vollelektrische Fahrzeuge schneiden in der ersten Phase des Lebenszyklus schlecht ab: Die Emissionen durch die Produktion von Batterien etwa eines vollelektrischen Tesla Model 3 sind gleichzusetzen mit den Emissionen aus der Nutzung eines Diesel-Passat 2.0 TSI von Volkswagen über eine Fahrdistanz von 18.000 Kilometern.
Allerdings schüttelt das E-Auto diesen Treibhausgas-Rucksack mit der Nutzungsdauer oder spätestens beim Recycling wieder ab: Denn hier schneiden die Autos mit Elektromotor und Batterie wesentlich besser ab als Benzin- oder Diesel-Verbrenner. Sowohl batterieelektrische Fahrzeuge als auch solche mit Brennstoffzelle stoßen während der Fahrt keine schädlichen Emissionen aus. Damit verbessert sich ihre Klimabilanz im Vergleich zu den anderen Antriebs- und Kraftstoffvarianten mit jedem gefahrenen Kilometer.
In der Phase des Recyclings spielt die Batterie eine herausgehobene Rolle: Unternehmen wie Umicore, Northvolt, Li-Cycle oder Redwood Materials sind heute schon in der Lage weit mehr als 80 Prozent der wichtigen Batterie-Rohstoffe (Kobalt, Lithium, Nickel, Mangan etc.) zur erneuten Nutzung zurückzugewinnen.
Bei der Verwendung von Ökostrom können Plug-in-Hybrid- und vollelektrische Fahrzeuge die Gesamtemissionen im Vergleich zu Verbrennern um 73 bzw. 89 Prozent reduzieren. Alternativ können Brennstoffzellenfahrzeuge die Treibhausgasemissionen in ähnlichem Maße wie Elektrofahrzeuge (die mit herkömmlichem Strom betrieben werden) reduzieren, wenn sie derzeitig handelsüblichen grauen Wasserstoff verwenden (60 Prozent).
Ganz generell führen erneuerbare Kraftstoffe und Energie zu den niedrigsten Emissionen über die Lebensdauer von Fahrzeugen hinweg.
Und mit den CO2-Einsparungen können Sie sich sogar etwas dazuverdienen: Halter*innen von E-Autos können die „vermiedenen Emissionen“ in Form von Zertifikaten an Mineralölkonzerne und andere Unternehmen verkaufen, die ihre Treibhausgasminderungsquote nicht erfüllen. Auf unserer Ratgeberseite THG-Quote: mit dem E-Auto Geld verdienen erfahren Sie mehr darüber, was die THG-Quote genau ist und wie Sie sie beantragen.
Übersicht: Emissionen nach Antrieben
- Benziner erzeugen die meisten Emissionen
- Diesel-PKW: minus 20 Prozent
- Hybrid-PKW mit Elektro- und Dieselmotor (mit Strommix): minus 33 Prozent
- Hybrid-PKW mit Elektro- und Benzinmotor (mit Strommix): minus 50 Prozent
- Erdgas-PKW: minus 50 Prozent
- Brennstoffzellen-PKW (fossil erzeugter Wasserstoff): minus 60 Prozent
- Elektro-PKW (mit Strommix): minus 66 Prozent
- Hybrid-PKW mit Elektro- und Dieselmotor (mit Ökostrom): minus 70 Prozent
- Hybrid-PKW mit Elektro- und Benzinmotor (mit Ökostrom): minus 75 Prozent
- Biogas-PKW: minus 80 Prozent
- Elektro-PKW (mit Ökostrom): minus 89 Prozent
Ergebnisse: Reine Elektroautos besonders sauber
Die Ergebnisse sind eindeutig: Selbst unter Einbeziehung des aktuellen, deutschen Strommixes entstehen durch reine E-Autos am wenigsten Treibhausgase. Die Fahrzeuge brauchen über ihren gesamten Produktlebenszyklus nur ein Drittel der Schadstoffe, die ein Benziner benötigt. Wird das E-Auto ausschließlich mit Ökostrom - etwa von der PV-Anlage vom eigenen Dach oder dem Firmen-Carport – beladen, fällt nur ein Zehntel der Emissionen an.
Letztlich, so das Fazit der Studienautoren, sollten elektrische Fahrzeuge wie batteriebetriebene E-Autos oder Brennstoffellenfahrzeuge einerseits und biogasbetriebene Gasfahrzeuge andererseits die bevorzugten Lösungen von Fahrzeugbesitzern sein. Denn diese Fahrzeuge nutzen zumindest teilweise erneuerbare Energien als Kraftstoffe – und genau dies sorgt für Klimafreundlichkeit.
Aber: Es ist wichtig, dass der verwendete Strom, der genutzte Wasserstoff oder das getankte Biogas wirklich auf umweltfreundliche Weise produziert wird. Aus heutiger Perspektive erscheint dies für Biogas und Wasserstoff schwer vorstellbar in größerem Maßstab - daher könnte es gut sein, dass sich beispielsweise Brennstoffzellenfahrzeuge eher im Flottenbetrieb etwa von Unternehmen oder Taxibetrieben bewähren, wenn beispielsweise im Unternehmensalltag ohnehin grüner Wasserstoff produziert wird.
Und ein weiterer Aspekt ist aus SENEC-Sicht von Bedeutung: Möglichst kurze Transportwege der elektrischen Energie auf dem Weg ins E-Auto. Im Idealfall also nicht vom großen Windpark einige Kilometer entfernt, sondern direkt vom Dach des Hauses, der Firma oder des Solar-Caports – bei Nutzung von Wallboxen oder Ladestationen, die solaroptimiertes Laden ermöglichen.
In Zukunft dienen E-Autos schlussendlich auch als mobiler, virtueller Stromspeicher insbesondere für Mittagsspitzen in den Sommermonaten: Denn durch die Orientierung des Energiebedarfs an Winterzeiten, wird es in den Sommermonaten mindestens in den Mittagsstunden “Energie im Überfluss” geben. Je umfassender etwa die E-Autos von Flottenbetreibern hierfür genutzt werden, umso sicherer und leistungsfähiger wird das künftige Energiesystem – mit E-Autos und Heimspeichern als entscheidendem Stabilitätsfaktor.
Hintergrund zur Studie: Das Paper wird unter dem Titel “Total CO2-equivalent life-cycle emissions from commercially available passenger cars” im Journal „Renewable and Sustainable Energy Reviews“ (Volume 159, Jahrgang 2022) veröffentlicht, einer der international renommiertesten Fachzeitschriften für nachhaltige Energieversorgung und erneuerbare Energien. Die Autoren sind: Johannes Buberger, Anton Kersten, Manuel Kuder, Richard Eckerle, Thomas Weyh, Torbjörn Thiringer. Hier ist es online verfügbar.
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