Kommt das Steak aus dem Drucker schneller als wir denken?
Es klingt unwirklich, ist aber längst Realität: Forschende können Proteine in Biofermentern züchten oder Fleischstücke auf Basis einer Biotinte “ausdrucken”. Die Zukunft der Lebensmittel basiert auf modernsten biotechnologischen Verfahren, und weckt die Hoffnung, dass die Menschheit eine der größten Aufgaben gelöst bekommen kann: Ab 2050 müssen - unter erschwerten Bedingungen aufgrund des Klimawandels – zehn Milliarden Menschen ernährt werden.
Ein Schlüssel zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen?
Nach Einschätzung des World Resources Institute werden dafür 56 Prozent mehr Nahrung gebraucht im Vergleich zu 2010 (siehe Grafik). Es muss gelingen, zu verhindern, dass wir alleine für die Ernährung noch deutlich mehr als 50 Prozent der tauglichen Agrarflächen benötigen. Die Herausforderung lautet: Mehr (und gesündere) Nahrung für mehr Menschen bei gleichem Platzbedarf, verbunden mit einer Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 67 Prozent.
Ein Schlüssel hierzu ist die Reduktion des Bestands an Rindern, Schweinen und Hühnern, denn beispielsweise Kühe emittieren beim Wiederkauen erhebliche Mengen Methan. Durch veränderte Nahrung, beispielsweise Algen, lassen sich diese schädlichen Emissionen verringern. Daneben ist die Abkehr von tierischer und die Zuwendung zu pflanzlicher Nahrung ein wesentlicher Schlüssel zur Erreichung der Ziele.
Vegetarische Wurst und Fleisch etwa auf Basis von Erbsenproteinen gibt es längst - und diese Alternativen haben längst den Weg in jeden Discounter gefunden. Doch diese Produkte treffen oft den Geschmack von Vegetariern oder Flexitariern, die nicht unbedingt den echten Fleischgeschmack erwarten – viele Fleischliebhaber machen heute noch einen Bogen um die als vegan gekennzeichneten Lebensmittel.
Die industrielle Tierhaltung wird durch die zelluläre Landwirtschaft abgelöst werden
Forschende arbeiten längst an der perfekten Milch, dem idealen Ei-Ersatz für das morgendliche Omelette oder dem Steak mit der passenden Kombination aus Fett-, Muskel- und Verbindungszellen. Für Tony Seba vom amerikanischen Think Tank RethinkX ist klar, dass die Methode der Präzisionsfermentation innerhalb dieser Dekade eine Disruption auslösen wird: Die industrielle Tierhaltung wird durch die zelluläre Landwirtschaft abgelöst werden.
Denn in den 20er Jahren wird das neuartige Produktionsmodell “Food as Software” ganz neue Möglichkeiten der Ernährung eröffnen. Lebensmittelhersteller werden in der Lage sein, genau die Proteine / Moleküle per Knopfdruck auszuwählen, die für die jeweiligen Produkte notwendig sind. Das Tier, bislang unbedingt notwendig für die Produktion von Milch oder Rindfleisch, wird überflüssig.
RethinkX geht in Anlehnung an historische, disruptive Umwälzungen (Smartphones lösten innerhalb weniger Jahre Mobiltelefone ab, und veränderten die Art, wie wir Bahnfahrkarten kaufen, Bankgeschäfte erledigen etc. Vollständig) davon aus, dass die Milch- und Rindfleischindustrie bis 2030 (!) zusammenbrechen wird. Die über Präzisionsfermentation hergestellten Produkte werden bisherigen, tierischen Produkten rasch überlegen sein: Viel weniger Ressourcenverbrauch (Wasser, Fläche, Energie), bis zu 90 Prozent geringere Emissionen – und das zu für jeden erschwinglichen Preisen.
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Selbst komplexe Fleischstrukturen bald nachbildbar?
Das Resultat könnte sein, dass 60 Prozent der Landflächen, die heute in den USA zur Haltung und Ernährung von Nutztieren dienen, ab 2035 dazu genutzt werden könnten, um CO2-Senken aufzubauen – etwa Biokohlenstoff, der Kohlendioxid sicher speichert, in die Böden einbringen oder schlicht Aufforstung zu betreiben.
In den nächsten Jahren wird die technologische Revolution der Lebensmittelindustrie sogar noch einen Schritt weitergehen: Forschende arbeiten auch an der Entwicklung von Biotinten, um selbst die komplexesten Fleischstücke mit Biotinte aus dem 3D-Drucker herstellen zu können.
Pioniere wie die israelischen Unternehmen MeaTech oder Redefine Meat laden längst zu Blindverkostungen ein, und ernten mittlerweile sehr gutes Feedback für ihr “New Meat”. Genau unter diesem Begriff motiviert Redefine Meat längst auch Menschen aus Berlin und Offenbach, sich informieren zu lassen, sobald das eigene “New Meat” in ausgewählten Spitzen-Restaurants angekommen ist.
Die Zukunft der Nahrungsmittel hat längst begonnen – und wird schneller zum Alltag werden, als wir es uns heute vorstellen können.
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